Oliver Döring ist Regisseur und Autor der Hörspiel-Adaption der Thrawn-Trilogie von Timothy Zahn. Zuvor hat er bereits die Hörspiele zu den Episoden I-VI sowie zu den Romanen Labyrinth des Bösen und Dark Lord produziert.
Anlässlich des Starts der Reihe mit Erben des Imperiums - Teil 1: Der Wächter des Mount Tantiss führten wir ein Interview mit dem Mann, der unsere alten Helden wieder zu Leben erweckt...
Hallo Oliver, danke dass du dir Zeit für uns nimmst. Besonders der gegebene Anlass für dieses Interview freut uns außerordentlich :-)
Das ist doch selbstverständlich. Und über den Anlass freue ich mich genauso sehr wie Ihr. :-)
Ich habe gerade extra noch mal nachgeschaut: Unser letztes Interview anlässlich der Veröffentlichung des „Dark Lord“-Hörspiels ist auf den 28. März 2008 datiert. Über vier Jahre ist das schon her! Wir haben dich damals nach den Chancen auf ein Hörspiel mit den Helden der Klassischen Trilogie gefragt. Damals meintest du, dass es bereits Ideen gäbe und du uns „mit Details noch etwas auf die Folter spannen“ wolltest.
Wie wurde aus dem „etwas“ dann schließlich vier Jahre?
Mir blieb in diesen Jahren faktisch keine Zeit für etwas anderes als Sinclair. Lübbe Audio hatte schon seit längerem das Anliegen, den Output der Sinclair-Hörspiele deutlich zu erhöhen, um einen monatlichen VÖ-Rhythmus zu erzielen. Das habe ich eine Zeit lang durchgezogen, aber irgendwann war, wie Ihr vielleicht wisst, Schluss mit Sinclair.
Als Alex Stelkens und ich uns 2011 entschieden, gemeinsam weiter Hörspiele zu machen, war unser Wunschprojekt natürlich Star Wars. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es geklappt hat.
Du hast damals außerdem erwähnt, dass dich eine Comic-Adaption sehr reizen würde, da du dabei noch kreativer sein könntest. Wie bzw. warum fiel die Entscheidung dann doch auf eine Romanreihe und warum genau diese?
Ganz ehrlich: Uns rennt die Zeit davon. Die Schauspieler werden nicht jünger, und ich habe lange mit Alex geredet und ihm gesagt, dass wir, wenn wir die Thrawn-Trilogie mit allen originalen Synchronschauspielern in Angriff nehmen wollen, das jetzt tun müssen. Außerdem ist die Thrawn-Trilogie ein Großprojekt, das uns sicher zwei bis drei Jahre beschäftigt. Wenn Du es richtig machen willst, musst Du den Rücken frei haben, um Dich voll darauf konzentrieren zu können.
- Joachim Tennstedt (C-3PO)
Als die Besetzungsliste für den ersten Teil des Hörspiels veröffentlicht wurde, waren sich zumindest auf SWU alle einig: Perfekt!
Wie waren denn die Reaktionen der Synchronsprecher, die bereits für die alten Filme tätig waren? Speziell auch Joachim Tennstedt, der in der Klassischen Trilogie C-3PO synchronisiert hat, für die Prequels allerdings ausgetauscht wurde und seitdem als 3PO nicht mehr zu hören war.
Zum Glück hatte ich ja bereits mit allen mehrfach gearbeitet, und wir hatten gute Kontakte zur "alten Garde".
Bei Joachim Tennstedt lag die letzte gemeinsame Arbeit eine Weile zurück, so dass ich ihn persönlich angerufen habe. Das war sehr witzig, denn ein Bekannter von ihm heißt genauso wie ich. Das hat erst für einige Verwirrung gesorgt, aber gleichzeitig war das auch so lustig, dass wir sofort wieder einen guten Draht zueinander hatten.
Gab es bei den Aufnahmen ein großes Wiedersehen oder haben sich die Sprecher im Studio gar nicht getroffen? Vielleicht irgendwelche netten Anekdoten?
Susanna Bonaséwicz [Leia Organa Solo, Anm. d. Red.] lebt in Berlin, Hans-Georg Panczak [Luke Skywalker, Anm. d. Red.] kam aus München, Wolfgang Pampel [Han Solo, Anm. d. Red.] gar aus Österreich. Das war schon was Besonderes - gerade für die drei. Wir haben die Termine so gelegt, dass sie sich abends noch treffen konnten. Im Studio waren sie nicht zusammen, aber die Schauspieler haben sich die Klinke in die Hand gedrückt. Da wir den größten Teil in Berlin aufgenommen haben, gab es viele Wiedersehen unter Kollegen.
Ich habe noch nie bei einer Produktion erlebt, dass so viele Synchronlegenden über alte Zeiten plaudern. Es war etwas ganz Besonderes. Hier trafen Film- und Hörspielgeschichte aufeinander.
- Großadmiral Thrawn und Captain Pallaeon
Welche Überlegungen hattest du bei der Besetzung von Thrawn im Hinterkopf? Welche Kriterien sollten erfüllt werden?
Ich glaube es war bereits 2009, als Thomas-Nero Wolff für uns einen dämonischen Arzt gesprochen hat. In dieser Rolle war er zunächst sehr charmant, jedoch nur, um im nächsten Moment sein Opfer nieder zu prügeln. Er hat das mit so einer unheimlichen Berechnung, Kälte und Präzision gespielt, dass ich damals dachte: "Mensch, wenn Du irgendwann mal die Thrawn-Trilogie machen solltest, wäre das der perfekte Thrawn!" Thomas stand also von Anfang an als Wunschschauspieler fest.
Als er dann tatsächlich für Star Wars ins Studio kam und die ersten Sätze als Thrawn gesprochen hat, habe ich die Aufnahmen kurz unterbrechen müssen, weil ich mich so gefreut habe. Thrawn ist eine anspruchsvolle Rolle. Der Text ist zum Teil sehr technisch, und an einigen Passagen haben wir lange gearbeitet. Thomas hat es immer wieder geschafft, auch die kompliziertesten Passus völlig glaubwürdig mit Leben zu füllen.
Die gleiche Frage übrigens auch zu Mara Jade. Hast du dich hier in irgendeiner Form von Spieleproduktionen oder evtl. dem amerikanischen Radio Drama von Return of the Jedi beeinflussen lassen?
Nein, nicht wirklich. Marion ist eine extrem wandlungsfähige Schauspielerin, die ich schon seit langer Zeit kenne und schätze. Sie kann ebenso gut die toughe Lara Croft (die sie auch im Film spricht) verkörpern wie eine gebrochene Frau. Mara Jade ist ein vielschichtiger Charakter. Sie hat bei aller Stärke auch verletzliche Seiten in sich. Marion ist daher wie geschaffen für die Rolle.
Wie viel Zeit habt ihr insgesamt für die Aufnahmen im Studio verbracht? Und habt ihr schon alles für die gesamte Trilogie aufgenommen, oder stehen noch ein paar Sitzungen auf dem Plan?
Wir haben erst das erste Buch komplett aufgenommen, für das zweite Buch brauchen wir nur noch einige wenige Tage im Studio. Das dritte folgt dann 2013. Insgesamt haben wir für die ersten beiden Bücher etwa 25 Studiotage gebraucht mit im Schnitt 10 bis 12 Stunden pro Tag.
Eine Sache noch zur Besetzung. Uns ist aufgefallen, dass kein Sprecher für Ben Kenobi gelistet ist. Wurde die kurze Szene mit ihm gestrichen und falls ja, war das wegen des Tods des Originalsprechers oder wäre die eh rausgefallen?
Ich glaube, dass wir eine gute Lösung dafür gefunden haben. Die Szene wurde nicht gestrichen - sie ist, wie ich finde, sehr wichtig - sie wurde nur leicht gekürzt. Mehr möchte ich an dieser Stelle aber nicht verraten.Mit der Thrawn-Trilogie hast du dir ja eine recht umfangreiche Geschichte ausgesucht. Gab es viele Stellen, die du für die Umsetzung als Hörspiel kürzen oder gar weglassen musstest? Und gibt es Dinge, die du neu sagen wir mal „arrangieren“ musstest, da sie im Hörspiel evtl. nicht so gut funktioniert hätten wie im Buch?
Wir sind extrem dicht an der Vorlage. Natürlich funktionieren Action-Szenen im Hörspiel anders als im Roman - da habe ich ähnlich wie bei LdB oder DL die Schlachten inszeniert, aber gekürzt wurde nur wenig. Wir haben uns sehr genau mit der deutschen Übersetzung und dem englischen Original befasst, Kleinigkeiten aus der deutschen Übersetzung angepasst und hier und da Referenzen an die Filme, wie sie im englischen Original vorkommen, mit einfließen lassen.
Eine Adaption ist immer ein Spagat, und wir wissen, wie sehr die Vorlage verehrt wird. Wir hoffen, es gefällt den Fans. Ich habe übrigens irgendwo gelesen, dass es eine überarbeitete Übersetzung des ersten Buches geben wird. Die hatten wir nicht zur Verfügung.
Wie lange dauert der Schnittprozess? Landen auch da noch Szenen auf dem Boden des Schneideraums oder ist zu dem Zeitpunkt schon alles unter Dach und Fach?
Das Manuskript ist das Hörspiel. Wenn was auf dem "Boden des Schneideraums" (ich mag diese Formulierung - das gibt mir das Gefühl, wenigstens ein klein wenig etwas von einem Filmregisseur zu haben) landet, dann höchstens kleine Sätze oder Satzfragmente, aber keine ganzen Szenen. Die Adaption der Thrawn-Trilogie lebt von der genauen Planung. Für ein Hörspiel brauche ich mindestens einen Monat im Schnitt.
Wie und zu welchem Zeitpunkt entscheidest du, welche Szene welche musikalische Untermalung bekommt? Hast du evtl. bereits beim Schreiben des Skripts bestimmte Stücke im Kopf, oder ist das eher ein fließender Prozeß, der sich im Laufe der Zeit beim Zusammenschneiden des Hörspiels ergibt?
Beides. Ich bin mir jedes Mal bei der Post-Produktion selbst dankbar, wenn ich für eine Szene eine Musik-Idee hatte und die dann auch aufgeschrieben habe. Oft funktioniert das dann zwar doch nicht, aber wenigstens habe ich schon eine Richtung. Die Musikabmischung kann sehr zeitaufwendig sein. Ich hatte schon so manche Szene fertig geschnitten, und dann habe ich für die passende musikalische Untermalung noch Stunden gebraucht.
Wo wir schon bei der Musik sind: Verwendest du ausschließlich Musik der Klassischen Trilogie, oder bekommen wir auch Prequel-Musik zu hören? Ist evtl. auch die Musik von „Shadows of the Empire“ ein Thema?
Nein, "Shadows" kommt nicht vor. Und ja - auch Musik der Prequels wird zu hören sein, aber verstärkt natürlich Musik der klassischen Trilogie.
Wenn du die Arbeit an diesen Hörspielen mit der an „Labyrinth des Bösen“ und „Dark Lord“ vergleichst, wo liegen für dich die größten Unterschiede, vielleicht die größeren Herausforderungen und die meiste Freude?
LdB war eine intensive Erfahrung, bei der ich sehr viel gelernt habe. Dieses Wissen konnte ich bei DL erweitern. Vor beiden Produktionen hatte ich - vorsichtig ausgedrückt - großen Respekt. Ich meine, hey - das ist Star Wars! Die Königsdisziplin! Nun produzieren wir auch noch selbst und haben verdammt viel Geld dafür in die Hand genommen. Und prompt überfielen mich im Studio wieder die Selbstzweifel. Wird das Hörspiel funktionieren? Werden die Fans den Cast annehmen? Klingen die Schauspieler so, wie es die Fans erwarten? Was ist, wenn ich ausgerechnet jetzt in der Regie patze? Alex sagte schließlich zu mir: "Wenn Du Dir wieder solche Sorgen machst, kann ich beruhigt schlafen."
Und dann kam die Post-Produktion und die erste Szene, in der zwei der 'klassischen' Helden auftauchen, nämlich Luke und C-3PO. Ich hatte vielleicht 20 Sekunden fertig gemischt, 3PO mit den ganzen Verzerrungen überarbeitet, selbst Luke ganz vorsichtig bearbeitet, die Sounds und die Musik eingefügt. Und als ich dann diese ersten Sekunden im Zusammenspiel direkt von meiner Festplatte hörte, bekam ich feuchte Augen. Es funktionierte. Unsere Helden waren zurück. Das war der vielleicht beste Moment meiner Karriere.
In welcher Phase der Produktion befinden sich aktuell die anderen Teile von „Erben des Imperiums“, aber auch „Die Dunkle Seite der Macht“ und „Das letzte Kommando“? Kannst du schon grobe Zeiträume für die Veröffentlichung der anderen Teile benennen?
Die zweite Folge ist zur Hälfte fertig. Das erste Buch mische ich noch komplett alleine ab, aber wir vergrößern gerade das Team, damit wir in der Produktion vorwärts kommen. Zur Zeit tasten sich sehr fähige und erfahrene Mitarbeiter an "Die dunkle Seite der Macht" heran. Eins ist uns allen klar: Es darf keine Kompromisse in Bezug auf die Qualität geben. Daher kann ich leider nur sagen, dass wir einen VÖ-Rhythmus von zwei Monaten pro Folge planen. Vielleicht sind wir sogar schneller, aber im Zweifel werden wir eine VÖ auch nach hinten schieben. Wie gesagt: Die Qualität steht bei uns an erster Stelle. Wann "Das letzte Kommando" kommt, weiß ich noch nicht. Bestimmt in 2013.
Kannst du uns vielleicht verraten, wie der Genehmigungsprozess seitens Lucasfilm abläuft, auch unter dem Aspekt, dass dort wohl nur die wenigsten deutschsprachig sein dürften?
Lucasfilm ist von Anfang an stark in die Produktion involviert - schon beim Verfassen der Manuskripte. Für alle Unklarheiten und Fragen gab es präzise Antworten, was für mich als Autor traumhaft ist, denn so bleiben keine inhaltlichen Zweifel. Lucasfilm steht uns zu jedem Zeitpunkt mit Rat und Tat zur Seite, auch bei der Grafik und beim Sound. Die fertige CD wird ebenfalls von Lucasfilm geprüft und freigegeben. Und da die Korrespondenz auf Englisch ist, weiß Lucasfilm genau, was wir tun, auch wenn die CD selbst auf Deutsch ist.
Letzte, fast obligatorische Frage, danach lassen wir dich weiterarbeiten. Mit „End of Time“ (dessen zweiten Teil ich übrigens kaum noch erwarten kann. Ich bin ein Fan, das musste ich noch loswerden!), hast du ja noch ein sehr ambitioniertes und wohl auch längerfristiges Projekt laufen. Wir müssen trotzdem fragen, wie die Chancen stehen, dass du nach Thrawn Zeit für andere Klassiker aus dem Erweiterten Universum findest? Du hättest da ja auch noch die bereits angesprochene Comic-Sache offen… ;-)
Nächstes Jahr wird "End of Time" mit zwei neuen Folgen weitergehen, wieder auf jeweils 2 CDs. Und glaub mir: Das wird nicht schön werden! ;-) Unsere Hauptarbeit wird aber weiterhin die Thrawn-Trilogie sein. Wir haben auch sonst noch sehr viel vor. Es mangelt uns nicht an Ideen, und wir sind schon jetzt an den nächsten Projekten dran. Aber diese blöden Tage haben nur leider 24 Stunden. Viel zu wenig, wenn Du mich fragst! Da sollte man echt mal was gegen tun!! :))
Oliver, noch mal vielen Dank für das Interview! Wir wünschen dir viel Erfolg mit deinen aktuellen und künftigen Projekten und hoffen, dass es nicht wieder vier Jahre dauert, bis wir wieder zusammenkommen.
Die letzten Worte gehören dir…Danke für die guten Wünsche. Immerhin feiert IMAGA in diesem Jahr erst seinen Einstand. Wir sind de facto ein Newcomer-Label. Dafür ist Thrawn schon eine sehr hohe Hausnummer, und ich verspreche Euch: Wenn wir mit IMAGA nicht scheitern, gebe ich Euch so viele Interviews, wie Ihr wollt - und nicht erst in vier Jahren!! An dieser Stelle auch von meiner Seite einen großen Dank an Euch, denn nicht zuletzt durch Eure Berichterstattung wissen die Fans von unseren Hörspielen.
Das Interview wurde geführt von Dennis Alack.
Für alle, die jetzt neugierig geworden sind: Der erste Teil des Hörspiels erscheint am 17. August und kann bei Amazon vorbestellt werden.