Regina Winter hat mehr als 10 Jahre lang Krieg der Sterne-Bücher bei Blanvalet übersetzt. Unter anderem war sie verantwortlich für die Übersetzungen der ersten vier Teile der X-Wing-Reihe und den Filmbüchern von Episode I und II. Im Jahr 2006 hatten wir die Gelegenheit, mit ihr dieses Interview führen zu können. Regina Winter verstarb völlig überraschend im Juni 2009.
Wie sind Sie zu dem Beruf Übersetzerin gekommen, und wie sind Sie letztendlich zu dem Auftrag gekommen, Krieg der Sterne-Bücher zu übersetzen? Waren Sie schon vorher Krieg der Sterne-Fan?
Ich habe irgendwann angefangen, meine englischsprachigen Lieblingsautoren im Original zu lesen, weil mir die Bücher nie schnell genug auf Deutsch herauskamen. Diverse VHS-Englischkurse und England-Urlaube später wurde ein Übersetzungskurs angeboten, der mir sehr viel Spaß machte. Da ich inzwischen auch festgestellt hatte, dass ich fürs Büroleben irgendwie nicht geeignet bin, dachte ich, ich versuche es einfach mal, und hab mich 1991 mit Probetexten bei diversen Verlagen beworben, danach die ersten Aufträge erhalten und ein paar Jahre später den Bürojob ganz aufgegeben.
Zu Krieg der Sterne: Ich bin alt genug, die SW-Filme schon in der ersten Runde im Kino gesehen zu haben, und selbstverständlich auch die Wiederveröffentlichung. Aber das waren meine einzigen Begegnungen mit Krieg der Sterne, bis ich den Auftrag zum ersten X-Wing-Roman erhielt. Dass ich ihn bekam, war eher Zufall, denke ich mal; ich war zu diesem Zeitpunkt gerade "frei".
Seit Ihrem ersten Krieg der Sterne-Buch, welches im Oktober 1996 unter dem Titel „X-Wing: Angriff auf Coruscant“ bei Goldmann erschienen war, haben Sie bisher insgesamt 13 Bücher in 10 Jahren im Bereich Krieg der Sterne übersetzt, unter anderem auch die Filmbücher zu Episode I und II. Inwieweit hat sich Ihre Arbeitsweise und ihre Vorgehensweise beim Übersetzen im Laufe der Zeit geändert?
Mit der Weiterentwicklung des Internet und zahllosen Fanseiten ist die Recherche für mich einfacher geworden, nicht zu reden davon, dass ich einige Zeit nach einem Interview für Projekt Krieg der Sterne begonnen habe, in unklaren Fällen dort nachzufragen, und viele hilfreiche Antworten erhalte.
Meine generelle Arbeitsweise ist immer noch die Gleiche, Rohübersetzung und dann zwei, drei Korrektur- und Recherchedurchgänge. Eine für mich sehr positive Entwicklung ist, dass ich in der letzten Zeit (seit NJO 11) Aufträge für direkt aufeinander folgende SW-Bände erhielt und keine Sprünge von drei, vier Romanen mehr dazwischen waren, die von anderen Übersetzern übernommen wurden. Natürlich freue ich mich über die vielen Aufträge als solche, aber die inhaltliche Kontinuität ist auch sehr angenehm. Ich hoffe, es geht noch ein bisschen so weiter, aber das lässt sich schwer sagen. Da ich hin und wieder Übersetzungen übernehme, bei denen es superschnell gehen muss, könnte z.B. so etwas dazwischen kommen.
Letztes Jahr erschien im Blanvalet-Verlag der Roman „Labyrinth des Bösen“ zeitgleich mit der amerikanischen Version. Aber auch Filmbücher, wie „The Day after Tomorrow“ oder "Krieg der Sterne Episode II" sind Produktionen, die sehr schnell gehen müssen.
Wie lange brauchen Sie für eine normale Übersetzung und was unterscheidet solche Veröffentlichungen wie „Labyrinth des Bösen“ von anderen Romanen?
Bei „Labyrith“ habe ich ebenso wie bei den Filmbüchern nicht mit einer bereits in den USA erschienenen Buchausgabe gearbeitet, sondern mit einem Vorab-Manuskript mit handschriftlichen Korrekturen. Dabei besteht immer eine gewisse Unsicherheit, dass das Original noch mal geändert wird, nachdem ich die Übersetzung schon abgegeben habe, und generell ist in den Manuskripten vieles, von Tippfehlern bis zu Grammatik- und logischen Fehlern, noch nicht verbessert. Das alles macht meine Arbeit schwieriger, weil es natürlich einfacher ist, einen grammatikalisch einwandfreien Satz, der auch im Zusammenhang mit dem davor und dem danach stimmt, zu übersetzen, als einen, bei dem man erst mal stutzt und sich fragt, was zum Geier damit gemein ist.
Für die Filmbücher hatte ich drei oder vier Wochen, wenn ich mich recht erinnere, keinesfalls mehr. Und „Labyrinth“ war auch einigermaßen knapp. Das bedeutet dann Sieben-Tage-Wochen und 12-14-Stunden-Tage für mich, und so was lässt sich nicht beliebig lange durchhalten (mein Mann und die Hunde finden es auch nicht gerade berauschend, wenn sie mich kaum zu sehen bekommen). Und bei aller Mühe schlägt es sich sicher auf die Qualität der Übersetzung nieder, durch den Zeitdruck das gleiche Buch zu schnell zu oft hintereinander durchgehen zu müssen – im Idealfall mache ich eine Rohübersetzung, lasse sie ein paar Tage oder sogar Wochen liegen und kümmere mich in der Zwischenzeit um ein anderes Buch und nehme mir das erste dann mit etwas weniger Betriebsblindheit vor. Ich denke, viele kennen diesen Effekt, wenn man einen selbst verfassten Text zu hektisch mehrmals hintereinander liest – bestimmte Fehler fallen einem einfach nicht mehr auf.
Je nach Verlag habe ich für andere Bücher bis zu 10 Monate Zeit, was natürlich nicht bedeutet, dass ich mich 10 Monate lang nur damit beschäftige, aber es tut der Übersetzung im allgemeinen gut, wenn ich vor dem nächsten Redaktionsdurchgang ein bisschen Abstand gewinnen konnte.
Momentan übersetzen Sie wieder ein paar „Erbe der Jedi-Ritter“-Bücher, wie sieht dabei die Zusammenarbeit mit den anderen Übersetzern, wie zum Beispiel mit Andreas Helweg, aus?
Direkte Zusammenarbeit gibt es keine; ich versuche, so viele der zuvor übersetzen Bücher wie möglich zumindest quer zu lesen. Sich mehr zu verständigen, klingt in der Theorie gut, aber man darf nicht vergessen, dass die Übersetzer seit dem letzten SW- oder Feist- oder was auch immer Band schon wieder diverse andere Romane übersetzt haben, und selbst wenn ihr Gedächtnis kein solches Sieb ist wie das meine, werden sie sich kaum mehr an alles erinnern können, wozu ich Fragen habe.
Zumindest gibt es die meisten „Vorgänger“-Romane bereits und ich habe die Möglichkeit nachzusehen. Was ich mir wirklich gewünscht hätte, wäre eine Zusammenarbeit mit der Synchronfirma, als ich die Filmbücher übersetzte. Andererseits habe ich mir gerade noch mal die deutsche Filmfassung von Episode III angesehen, und ich finde den größten Teil der Synchronisation so schauderhaft … ich weiß nicht, ob ich mich hätte überwinden können, z.B. die „Younglings“ mit „Jünglinge“ zu übersetzen.
Lesen Sie auch privat Romane aus dem Krieg der Sterne-Universum, die Sie nicht übersetzt haben?
Es sieht eher so aus, dass ich „dienstlich“ SW-Romane lese, die ich nicht übersetzt habe; in der letzten Zeil Episode III und davor Obi-Wan und die Biodroiden und ein paar Bände von Jude Watson. Ich fange aus Recherchegründen an „quer“ zu lesen, aber dann bleibe ich oft hängen und lese weiter, auch wenn die ursprüngliche Frage beantwortet ist. Darüber hinaus komme ich in den letzten Jahren für meinen Geschmack viel zu wenig zum privaten Lesen (und zum privaten Irgendwas) und mache dann eher weite Bögen um die „arbeitsmäßigen“ Themen.
Unterscheidet sich die Zusammenarbeit mit anderen Übersetzern bei Krieg der Sterne im Vergleich zu anderen Reihen wie „Die Rückkehr des Dunkelelf“ oder „Die Erben von Midkemia“?
Nein.
Wie viel von Ihren Übersetzungen steht letztendlich im fertigen Roman und wie groß ist die Rolle des Lektors?
Der Lektor kommt bei einem so großen Verlag wie Blanvalet nur in den seltensten Fällen dazu, sich Originale oder Übersetzungen ausführlich anzusehen. Redigiert werden meine (und andere) Übersetzungen von so genannten „Redakteuren“ oder „Außenlektoren“. Das sind oft andere Übersetzer, aber es gibt auch ein paar Leute, die ausschließlich als Redakteure und Gutachter arbeiten.
Der Anteil des Redakteurs hängt von der Art und Qualität der Übersetzung ab, und vom Verhältnis des persönlichen Geschmacks des Redakteurs zu dem des Übersetzers. Natürlich verbessern sie Fehler aller Art, aber es gibt auch eine Grauzone, in der Übersetzen alles andere als eine exakte Wissenschaft ist. Da kann es passieren, dass man bei einer Übersetzung bestimmte Wendungen verwendet, die korrekt übersetzt und auch korrektes Deutsch sind, die ein Redakteur aber einfach ungeschickt findet oder nicht ausstehen kann. Und entsprechend ändert. Und dann gibt es natürlich die immer wieder auftauchende Frage, wie deutsch bzw. englisch es denn sein darf oder soll … in seltenen (nicht SW)-Fällen habe ich schon mal protestiert, als ich die Korrekturfahnen sah, und mich auch durchsetzen können, und als ich noch hin und wieder als Redakteurin tätig war, gab es auch den einen oder anderen umgekehrten Fall.
Das sind allerdings Extreme. Im allgemeinen kümmert sich der Redakteur um die Stellen, wo ich schlicht gepennt oder in der Hektik etwas übersehen habe, oder um Vereinheitlichungen gegenüber den anderen Romanen, die er/sie besser im Kopf hat als ich.
Als Übersetzerin beschäftigt man sich viel intensiver mit einem Buch. Bleibt da eigentlich noch Zeit, die Geschichte genießen zu können? Oder kann man nach Wochen der Arbeit die Geschichte nicht mehr lesen?
Es kann schon mal passieren, dass eine Geschichte als solche gut ausgedacht ist, aber die Ausführung in Einzelheiten nervt, weil ein Autor geschlampt hat. Das fällt einem beim Übersetzen erheblich deutlicher auf, aber beim Lesen, vor allem schnell und/oder flüchtig Lesen, würde so etwas vielleicht durchrutschen.
Generell „verliert“ nach meiner Erfahrung ein guter Roman beim dritten oder vierten Bearbeitungsdurchgang nichts, im Gegenteil, oft fallen mir dann noch mehr Einzelheiten auf, die ich mag, und andersrum funktioniert es natürlich auch: Wenn ein Buch von Anfang an nervt, schlecht geschrieben ist, eine bescheuerte Handlung hat etc, wird das bei jedem Durchgang ärgerlicher.
Sind Sie auf irgendein Werk von Ihnen besonders stolz, bzw. lesen Sie Ihre eigenen Werke nochmals nach ein paar Jahren durch?
Ungern, weil mir immer irgendwas auffällt, was ich hätte besser machen können, was sich einfach aus dem größeren Abstand ergibt, den man nach Jahren hat (na ja, und ein bisschen dazugelernt habe ich in all den Jahren vielleicht auch).
Was für ein Werk würden Sie sehr gerne mal übersetzen, bzw. haben Sie Lieblingsautoren, die Sie gerne lesen/übersetzen?
Derzeit würde ich gerne die Merrily-Watkins-Romane von Phil Rickman übersetzen, weil ich sie mit großem Genuss gelesen habe, aber bisher hat sich offenbar trotz meiner Propaganda (und der einiger Gutachter) noch kein Verlag dran gewagt, weil die Bücher ein bisschen „hybrid“ sind, englischer Krimi mit einem Hauch Horror, und deshalb schlecht in die Schubladen der Verlagsreihen passen.
Und einerseits hätte ich wirklich gerne George R.R. Martins „Song of Ice and Fire“-Reihe übersetzt, weil ich die Romane gut finde, aber es wäre auch ausgesprochen knifflig gewesen, also denke ich manchmal „Gut, dass ich mich damit nicht rumschlagen musste.“
Liebend gerne würde ich „A Sword of Red Ice“ von J.V.Jones übersetzen, der dritte Band einer Trilogie, deren erste zwei Bände zweigeteilt vor ein paar Jahren bei Droemer erschienen. Aber das wird wohl leider nicht passieren, weil Droemer inzwischen fast keine Fantasy mehr rausbringt, und sich wohl kein anderer Verlag an einen dritten Band wagen wird, vor allem, da die Übersetzungen der ersten beiden auch nicht mehr aufgelegt werden.
Haben Sie eine Lieblingsstelle in einem Krieg der Sterne Buch, welche Sie besonders mögen?
Nein.
Eines Ihrer nächsten Projekte ist das Buch „Dunkler Lord“, welches den Kreis der kleinen Trilogie um Darth Vader schließen wird. Ist das Buch schon fertig übersetzt und können Sie etwas über die Übersetzung sagen?
Nein, ich bin noch nicht ganz fertig. Ich versuche gerade, mich zu erinnern, ob Luceno in „Labyrinth“ auch schon solche elenden Bandwurmsätze hatte wie in „Dark Lord“. Das geht im Englischen immer noch halbwegs gut, aber im Deutschen hat man im Zweifelsfall noch einen oder zwei Nebensätze mehr, und dann wird es wirklich unerträglich. Daran werde ich noch arbeiten müssen, und auch an dem Anreden-Durcheinander zwischen Episode-III-Film, Buch, „Labyrinth“ und anderen.
Der 14. und 15. Teil der „Erbe der Jedi-Ritter“-Reihe wird auch von Ihnen vorbereitet, bzw. sie stehen schon in den Startlöchern. Wissen Sie schon, ob Sie die Teile 16 bis 19 auch übernehmen werden? Was sind allgemein Ihre nächsten Projekte?
Mit Sicherheit weiß ich das nicht, aber ich denke mal, wenn terminmäßig von Blanvalet aus nichts dazwischen kommt, werde ich wohl mindestens noch „Reunion“ und „Refugee“ übersetzen; das wäre allemal sinnvoll, da Trilogie innerhalb der Reihe usw.
Ansonsten sind mit Blanvalet ein paar Projekte vage im Gespräch, natürlich der nächste Feist, vielleicht die Camelot-Romane von Sarah Zettel … aber es gibt noch keine festen Absprachen, Termine und Verträge. Für Heyne werde ich sicher irgendwann den dritten Band der „Unter dem Nordstern“-Reihe von Juliet Marillier übersetzen, der aber noch nicht erschienen ist, also könnte es sein, dass ich damit erst im nächsten Jahr anfange.
Frau Winter, vielen Dank für das Gespräch.